Türkei

 

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Beim türkischen Zoll mussten wir uns um einen Eingangsstempel in den Pass bemühen, waren doch alle Zöllner am Handy besetzt. In der Stadt Kirklareli sprangen uns die Schulkinder entgegen und einige Jungs rannten uns nach. Auch bei den Auto- und LKW-Fahrern sind wir die Attraktion und manchmal haben wir Angst, dass sie vor lauter Gucken aus dem Auto fallen oder einen Unfall bauen. Wie wir im Reiseführer bereits gelesen haben, sind die Teehäuser Männersache und Nathalie ist natürlich immer die einzige Frau. Sie hat sich ein schönes Kopftuch gekauft, um die Moscheen zu besuchen.

In einem Restaurant, in welchem Einheimische assen, sprachen uns zwei Männer auf englisch an und setzten sich unaufgefordert zu uns. Sie erklärten, dass sie als Animatoren in Antalya arbeiten und sie auf ihr Girlfriend warten, die aus Frankreich sei. Unterdessen setzte sich noch ein weiterer Mann dazu. Wir sollten warten, bis die Freundin kommt, sie würde sich bestimmt freuen, mit uns zu sprechen. Nach etwa einer Stunde erklärten wir, dass wir jetzt gehen. Die Männer telefonierten immer wieder ganz nervös und wir hatten ein ungutes Gefühl, dass sie uns auf irgendeine Weise übers Ohr hauen wollten. Sie fragten auch nach unserem Hotel und wir nannten ihnen eines, das wir an der Strasse gesehen hatten. Wir verabschiedeten uns dann sehr schnell von ihnen und verschwanden in der Menschen-Menge.

Irgendwas war da bestimmt nicht sauber! Ansonsten sind die Türken extrem gastfreundlich und bei jedem kleinen Einkauf oder bei der Tankstelle, wenn man die Toilette benutzt, offerieren sie einem einen Jay (Tee). Dieser ist wirklich köstlich. Uns wurde sogar schon das ganze Mittagessen von einem Einheimischen bezahlt. Warum? Einfach so...ein Geschenk...und das ohne irgendwelche Hintergedanken! Bis anhin haben wir uns immer die kleinen Strassen ausgesucht. Diese führen meistens in hübsche Dörfer und man kommt oft in Kontakt mit den Einheimischen.

Da wir uns verfahren hatten, kamen wir spät und ziemlich müde in der Altstadt von Istanbul an. Von weitem schon war die Altstadt mit den beleuchteten Moscheen, u.a. der Blauen Moschee und der Hagia Sofia, zu erkennen. Unglaublich faszinierend wirkte dies bei Sonnenuntergang und wir "zogen" das voll rein.
Obwohl wir Istanbul bereits früher schon einmal besucht hatten, verbrachten wir zwei Tage dort. Wir genossen die Stimmung in dieser Metropole: orientalische und westliche Kultur ist da so nahe zusammen! Mit unseren Velos auf dem Weg zum Fahrradhändler sprach uns ein Traveler aus Neuseeland an, der ebenfalls mit dem "Drahtesel" unterwegs ist. Er startete seine Tour im Februar in London und plant auch im Spätsommer/Herbst im Tibet zu sein.

Gestärkt nach einem typisch türkischen Frühstück, welches aus Schafskäse, Joghurt, Oliven, Tomaten, Gurken und Brot besteht, fuhren wir über den Bosporus nach Asien. Der Umweg nach Bursa, die "grüne" Stadt, welche am Fusse des Berges Uludag liegt und 1 1/2 Mio. Einwohner zählt, lohnte sich. Unter anderem auch, weil wir endlich das Buch "Schnee" von Orhan Pamuk, dem Literatur Nobelpreisträger 2006, in englisch gefunden haben. Auf dem Weg nach Ankara bestaunten wir immer wieder die abwechslungsreiche Landschaft. Manchmal war es wie im Wilden Westen mit den kargen Canyons und dann wieder sehr grün und landwirtschaftlich genutzt. Ca. 30 km vor der türkischen Haupstadt begann es dann tatsächlich zu hageln und die Temparatur stürzte innert Minuten von 12°C auf 2°C.

Zum Glück führte die Strasse noch etwas bergauf und wir mussten nicht frieren, obwohl es schneite. Auf dem Schweizer Konsulat holten wir die nötigen Empfehlungsschreiben für die "Stan"-Länder (Turkmenistan, Kirgistan,...). Bevor wir die Konsulate aufsuchten, mussten wir genau unsere Reisedaten und –routen festlegen. In den meisten "Stan"-Ländern sind Ein- und Ausreisedaten fix! Auf dem uzbekischen Konsulat trafen wir tatsächlich den Neuseeländer wieder, den wir in Istanbul getroffen haben. Nach einer Schnitzeljagd durch Ankara müssen wir jetzt ein paar Tage auf alle Visas warten, bevor es dann weiter geht nach Ost-Anatolien.

Das Visum für Turkmenistan war besonders mühsam zu bekommen. Man braucht dazu ein Empfehlungs-Schreiben von der Schweizer Botschaft, welches wir uns sofort nach der Ankunft in Ankara geholt haben. Zusätzlich verlangten sie eine Kopie der Visa von Usbekistan, welches wir zuerst angefordert hatten. Der turkmenische Konsular ist ein sehr "wichtiger" Mann! Als wir am Freitag noch kurz vor Feierabend hereinspazierten, war er nicht besonders entzückt und als er für uns noch eine Kopie des usbekischen Visa machen musste, seufzte er ganz tief: was für eine Anstrengung mit diesen Yabancý (Ausländern)! Auch musste er uns ganz klar nochmals instruieren, bei welcher Ortschaft wir Ein- und Ausreisen müssen und dass wir genau 5 Tage hätten, um das Land zu durchqueren. Seine Art war alles andere als einladend. Na ja, von diesem Lackaffen ließen wir uns jedenfalls nicht beeindrucken!

Wir jubelten, als wir nach 5 Tagen alle Visa organisiert hatten und wir nicht noch das ganze Wochenende in Ankara verbringen mussten. Da wir von der Stadt selber noch nicht viel gesehen hatten, sahen wir uns samstags noch etwas in der Altstadt von Ankara um und schlenderten durch den farbigen und hektischen Basar.
Früh morgens, bevor das Verkehrschaos losging, verließen wir Ankara. Wir radelten mindestens 25 km, bis wir allmählich den Stadtrand erreichten. Am Nachmittag wollten wir uns bei einem Picknick-Platz mit Guetzli und Bananen verpflegen. Eine Familie aus Ankara lud uns ein, beim Barbecue mitzuessen. Wir hatten noch nicht zugesagt, waren die Teller für uns schon voll beladen und wir setzten uns auf die Decke.

Bald darauf verabschiedeten wir uns, da wir noch bis ins nächste Städtchen zum Übernachten wollten und es schon spät war. Das "Hotel" stellte sich als eine einzige Katastrophe heraus. Die Wände waren verschimmelt, die Luftfeuchtigkeit extrem hoch und es miefte unglaublich. Um einen Platz zum Zelten zu finden war es schon spät und wir blieben wohl oder übel da. Als sich Kurt auf den Bettrand setzte, krachte er auf den Boden und ein Bein vom Bettgestell war gebrochen. Wir stellten notdürftig eine 1 1/2 l Pet-Flasche unter die Matratze. Nach dem Duschen verließen wir das Zi! mmer und liefen ins Städtchen. Dort trafen wir "nur" Männer an und alle sahen uns düster an. Als wir dann ein Familien-Restaurant entdeckten, wo sich auch Frauen aufhielten, genehmigten wir uns einen Kaffee.

Nicht nur für Kurt, sondern auch für Nathalie ist es angenehm, wieder Frauen zu sehen. Wir wollten früh schlafen gehen um bei Sonnenaufgang dieses "Loch" zu verlassen. Um 21.00 Uhr! begaben wir uns ins Bett. Kaum das Licht gelöscht, ertönte das Gebet aus den Lautsprechern der Minaretten. Als es endlich ruhig war, raschelte es in den Plastiktüten und immer wenn Kurt aufstand und Licht machte, war es wieder still. Obwohl Nathalie noch auf einen Käfer hoffte, bestätigte sich unser Verdacht bald: eine Maus hatte unseren Fress-Sack gerochen! Wir riefen dem "Rezeptionisten", der nicht sehr erfreut war. Wir zügelten unser ganzes Gepäck in ein anderes Zimmer. Kurt jagte die Maus und der Mann von der Rezeption stand vor der Tür, um der Maus mit dem Schrubber eins auszuwischen. N! athalie stand mit genügend Sicherheitsabstand bereit, um ein ! Foto zu schießen. Kurt erwischte dann die arme Maus souverän. Auch dem Rezeptionisten viel ein Stein vom Herzen. Er hatte bestimmt noch mehr Angst vor dem Eindringling als Nathalie. Jedenfalls war Kurt unser Held. In aller Früh verließen wir diese Bude.

In Kappadokien, kurz bevor wir unser Ziel Göreme erreicht hatten, stand bei einem Camping ein Radtour-Fahrer. Wir trauten unseren Augen kaum und hielten selbstverständlich an. Seine Reise begann in Leipzig anfangs März. Einige Minuten später tauchte noch eine Radfahrerin auf, eine Dänin! Beide sind unterwegs nach Iran, Pakistan und Indien. Wir radelten dann gemeinsam die letzten Kilometer ins Göreme-Tal und konnten uns kaum satt sehen an den bizarren Formen des Tuffgesteines, welches aus vulkanischen Ablagerungen besteht und sich durch Jahrtausend währende Erosion gebildet hat.

Mit einem 100 ccm Scooter erkundigten wir am nächsten Tag die Umgebung. Wir besuchten die unterirdische Stadt von Kaymakli, welche im 11. Jahrhundert entstand. Verborgen im Tuffgestein wurde diese Stadt auf acht Ebenen gebaut. Sie ist u.a. ausgestattet mit Küche, Weinkeller, Kapelle, Leichenhalle und Luftschächten. Zuletzt wurde dieser Zufluchtsort benutzt, als im frühen 19. Jahrhundert die ägyptische Armee einmarschierte.

Viele Höhlenkirchen entstanden in Kappadokien zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert, als sich viele Christen von den Glaubenskämpfen zurückzogen. Nachdem wir uns von unseren Fahrrad-Kollegen verabschiedet hatten, fuhren wir nordöstlich Richtung Sivas. Abends fanden wir einen genialen Zeltplatz hinter einer Tankstelle. Der Inhaber sprach etwas deutsch, da er, wie viele andere Türken, in Deutschland gearbeitet hat. Sofort wurden wir mit Çay verwöhnt, welcher in dieser Kälte erst recht schmeckte. Seine Enkelin brachte uns selbstgebackene Brötchen gefüllt mit Käse. Nach sooo viel Schwarztee wälzten wir uns im Schafsack hin und her, hörten jeden LKW vorbeifahren und meinten wegen den vom Wind raschelnden Plastiksäcken, es seien Mäuse am Werk. Nicht gerade ausgeruht benutzten wir morgens die Toilette der Tankstelle. Einem Kunden viel fast der Kiefer runter, als er Nathalie hinter dem Haus hervorkommen sah und anschließend Kurt mit seinem "sexy" Reise-Pyjama und den dazu passenden groben Fahrrad-Schuhen! Der Kunde verstand die Welt nicht mehr und zottelte mit seinem leeren Benzinkanister davon.

Unsere Route führte uns weiter nach Sivas und Tokat, immer auf einer Ebene, die zwischen 900 und 1200 M.ü.M. liegt und wo hauptsächlich Ackerbau betrieben wird. Nachdem wir einen Pass mit starkem Gegenwind hinter uns hatten, ging’s runter durch ein Canyon nach Tokat, welches sich im "Unterland" auf 600 M.ü.M. befindet. Das Tal war eine einzige Augenweide: die Apfel- und Aprikosen-Bäume sowie Blumen in allen Farben blühten. Wir dachten, dass wir jetzt noch locker die ca. 120 km ans Schwarze Meer fahren. Doch es kam anders: zuerst strampelten wir 1000 Höhenmeter aufwärts und sausten dieselben wieder abwärts, wo uns zugleich die nächste Pass-Strasse erwartete!
Dafür genossen wir am anderen Tag die Abfahrt durch die grünen Täler. Die Hänge dem Schwarzen Meer entlang sind mit Haselnuss-Sträuchern bewachsen. Die Türkei ist der größte Haselnuss-Exporteur der Welt. Auch entdeckten wir während der Fahrt an der Küste immer wieder Delphine, die auf- und abtauchten. In der netten Hafenstadt Trabzon verbringen wir nun drei Tage, um uns zu erholen und einiges zu erledigen.

FOTOGALERIE
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