Rumänien

 

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In Rumänien waren wir gezwungen ca. 80 km auf der Fernstrasse zu fahren. Das war der absolute Horror und die Truckdrivers kennen kein Bremsen, nur Hupen und Gas geben. Öfters wichen wir den Brummis in den Strassengraben aus. Unerklärlicherweise ist unser Rumänien-Reiseführer spurlos verschwunden. Deshalb fuhren wir in die nächstgelegene Stadt, um entweder einen Reiseführer zu kaufen oder im Internet nach Infos über dieses Land zu stöbern. Zuerst pedalten wir mit böenartigem Seitenwind Richtung Arad. Mit aller Kraft und voller Konzentration bemühten wir uns, dass wir nicht auf die Strasse gefegt wurden. Der Weg in die Stadt stinkte fürchterlich. Sand und Plastiksäcke peitschten uns ins Gesicht. Nathalie konnte ihr Geschäft nirgends erledigen, was ihr allgemeines Wohlbefinden nicht gerade steigerte. Im Zentrum angekommen realisierten wir, dass sich hierher wohl selten ein Tourist verirrt und wir wohl vergebens nach einem Internet-Cafe oder einer Touristeninformation suchen würden.
 
Auffallend viele Kleintransporter mit leeren Anhängern sind Richtung Ungarn unterwegs. Beladen mit Gebrauchtwagen aus dem Westen rasen sie dann wieder zurück nach Rumänien oder Bulgarien. Glücklicherweise ist die rumänische Sprache für uns viel einfacher als die ungarische, da sie aus dem Lateinischen stammt. An der Mures (Fluss) in Lipova zeigte uns ein altes "Müetti", das mit alten Finken unterwegs war, den Weg zu einer Pension. Die Schokolade, die wir ihr zur Belohnung schenkten, steckte sie schnell in ihre Schürze. Etwas ausserhalb der Stadt staunten wir über die hübsche und saubere Pension. Im dazugehörigen Restaurant traf sich abends das halbe Dorf.

Kurt wurde vom Gemeindepräsidenten auf französisch vollgequaselt, welchem nicht auffiel, dass Kurt eigentlich fast nichts verstand. Eines war für uns klar: wir mussten die Fernstrasse wenn möglich verlassen und auf Landstrassen ausweichen. Diese sind zwar holprig und beschwerlich, dafür viel interessanter. Entlang der Strasse tummeln sich Hühner, Gänse, Enten und Truthähne auf dem schön grünen Rasen. Das sieht so richtig idyllisch aus und den Tieren geht es gut. Unterwegs trafen wir viele Schafhirten, die bei jedem Wetter zusammen mit ihrem Hund und Esel auf ihre Schützlinge aufpassen.

Einmal kauften wir in einem kleinen Dorfladen ein Sandwich und die Angestellte lud uns spontan zu sich nach Hause ein, sodass wir ungestört essen konnten. Ihr Mann mit zwei Kindern wohnen in einem Raum, welcher nicht grösser ist als 16 m2. Eines abends folgten wir einem ausgeschilderten Hotel, welches sich etwa 500 m von der Strasse entfernt auf dem Land befindet. Zuerst waren wir die einzigen Gäste und wir fragten uns, wann wohl hier Hochsaison sei! Die nette Frau konnte uns leider  nichts zum Essen anbieten. Jetzt waren wir froh um unseren Notproviant  und wir durften in ihrer Küche  unsere Pasta mit Tomatensauce zubereiten. Mmjummi, war das lecker! Allmählich fühlte sich das Restaurant mit Männern und wir stellten fest, dass sich hier die Landarbeiter trafen.

Alle sassen ziemlich still da und die Atmosphäre schien angespannt. Plötzlich stolzierte  ein Mann mit Jeanshose bekleidet herein. Er setzte sich und rief jeden einzelnen Arbeiter zu sich. Jeder bekam seinen Lohn in Form von irgendwelchen Gutscheinen und musste dafür unterzeichnen. Wie auf unserer Strassenkarte eingezeichnet, benutzten wir eine Nebenstrasse über einen Pass. Zuerst war der Weg noch asphaltiert, dies änderte sich nach und nach. Bald strampelten wir uns auf einer kleinen und löcherigen Naturstrasse ab. Durch den Dauerregen waren die Wege schlammig und es entstanden viele Wasserrinnen quer über den Weg. Wir fragten eine Frau, die mit Ross und Wagen unterwegs war, nach dem Weg und sie bestätigte uns, dass wir tatsächlich die fast überhängende Strasse nehmen müssen. Über 700 Höhenmeter ging es aufwärts, bei einer Distanz von nur 5 km. Es war furchtbar windig und kalt.

Obwohl wir so richtig Hunger hatten, hielten wir nicht an um etwas zu essen, da es einfach zu kalt und zu nass war. Auf dem Berg angekommen trauten wir unseren Augen kaum, wie eine Fata Morgana: wir radelten einem grossen Dorf mit Asphaltstrasse entgegen. Es gab sogar ein Restaurant und wir wärmten uns am Ofen auf, während wir uns mit Dorfbewohnern unterhielten. Die sympathische Angeste llte offerierte uns, bei ihr zu übernachten und wir nahmen das Angebot gerne an. Wir verbrachten einen gemütlichen Abend bei ihr und ihrer Familie. Im Fernsehen gaben sie dann die vielen Überschwemmungen in Rumänien bekannt. Morgens waren wir umgeben von weiss-gepulverten Gipfeln und die Sonne zeigte sich wieder. Gestärkt verliessen wir morgens das hübsche Bergdorf Jina Richtung Sibiu, Hermannstadt. Diese interessante Stadt gewann den Preis als europäische Kulturstadt 2007.

Zur Weiterreise benutzten wir gezwungenermassen den Zug, da der Pass geschlossen war. Obwohl wir uns beim Aussteigen sehr beeilten, pfiff der Kondukteur zur Weiterfahrt bevor das zweite Fahrrad draussen war. Kurt befand sich mit den Velos draussen und Nathalie mit allen Gepäcktaschen noch im Zug! In aller Eile warf sie eine nach der anderen auf den Perron. Die Taschen waren auf der ganzen Gehsteig-Länge verstreut. Bevor sich Nathalie noch überlegen konnte, ob sie noch abspringen kann, stopte der Zugführer  die Maschine. Einfach unglaublich! Glücklich, wieder auf unseren Fahrrädern zu sitzen,  fuhren wir weiter nach Videle, eine kleine Stadt, wo wir in einer Pension übernachten wollten.

Da es keine Übernachtungsmöglichkeiten gab, fragten wir in einem Minimarket die Verkäuferin, ob wir das Zelt im Restaurant auf der Terasse aufstellen können. Wir zeichneten ihr ein Zelt und schrieben die Masse auf, bis sie verstand, was wir wollten. Ein Kunde, welcher ein paar Wörter englisch sprach, bat uns mitzukommen. In seinem Garten mit einigen Hühnern durften wir unser Zelt aufstellen. Den Wecker mussten wir nicht richten, der Gockel krähte fleissig vor Sonnenaufgang. Die Naurstrasse nach Giurgiu, an der Grenze zu Bulgarien, führte durch nette Dörfer und überall waren die Frauen am Frühlingsputz.


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