Georgien

 

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Am georgischen Zoll kommunizierten wir mit Händen und Füssen, da wir weder georgisch noch russisch sprechen können. Georgien ist ein ex-sowjetisches Land und wurde erst 1991 wieder eine unabhängige Republik. Deshalb ist die zweite gesprochene Sprache russisch.

Ein Schnapsladen nach dem anderen reihte sich gleich nach der Grenze. Kühe spazierten ziellos auf der viel befahrenen Hauptstrasse nach Batumi und sie störten sich nicht an den rasenden Autos, die hupten und auswichen. Einmal reichte es nicht mehr und eine Kuh musste notgeschlachtet werden... Vorbei war es mit den schönen Strassen der Türkei und wir mussten uns voll und ganz konzentrieren, um den tiefen Löchern auszuweichen. Eine frische Dieselspur wurde Nathalie zum Verhängnis. Der Belag war sehr rutschig und Nathalie landete auf dem Boden. So schnell wie möglich verliessen wir diesen Platz, da die Möglichkeit, dass ein Auto ins Schleudern gerät, ziemlich gross war. Dem LKW-Fahrer, der mit seiner defekten "Rochel" am Strassenrand stand, erklärten wir, dass der Diesel auf der Strasse gefährlich sei. Er stellte tatsächlich ein "Pannendreieck" auf, welches aus drei grossen Steinen und einem Ast mit Blättern bestand.

Glücklicherweise war auch das Fahrrad mit dem Rückspiegel unbeschädigt, nur Nathalie´s Hose muss genäht werden. In Batumi, eine grosse Hafenstadt unweit von der türkischen Grenze entfernt, hatten wir Mühe, das Hotel zu finden, welches wir dem Reiseführer entnommen hatten. Alle Strassen sind, wenn überhaupt, in georgischer Schrift angeschrieben, welche mit dem lateinischen Alphabet nicht vergleichbar ist.

Es gibt viele Gebäude, die seit Jahrzehnten leer stehen und die Fassaden abbröckeln. Es fehlt das Geld, diese zu Renovieren oder etwas Neues zu bauen.
Alle eingezeichneten Internet-Cafe´s auf dem Stadtplan vom Reiseführer "lonely planet" wurden in der Zwischenzeit (Ausgabe vom Juli 2004) in Spielscasinos umgewandelt.

Nachdem wir in der Türkei so viel Tee getrunken hatten, genossen wir am Hafen ein kühles Bier, zusammen mit einem Khachapuri, einem georgischen Brotfladen gefüllt mit Käse, welchen man in jeder Ecke kaufen kann, sehr gut schmeckt aber auch sehr fettig ist. In Batumi trafen wir einen Radfahrer aus Kalifornien, der unterwegs war in die Türkei. Wir konnten uns nicht entscheiden, ob wir die Hauptverbindungs-Strasse nach Tiflis oder die Nebenstrasse über die Berge nehmen sollten. Radfahrer David meinte, die Berge seien bestimmt eine Herausforderung und landschaftlich schöner. Also radelten wir den wunderschönen weissen Bergen des Kaukasus entgegen. Bereits nach einigen Kilometern warnten uns jedoch die Einheimischen immer wieder: problem, problem... Nach ca. 50 km und einigen Höhenmetern kamen wir in ein Städtchen und es versammelten sich bestimmt 100 Leute um uns. Ein Mann sprach französisch und er erklärte uns, dass der Pass wegen Schnee noch geschlossen ist und erst in einem Monat frei gegeben wird.

Ein anderer Mann, mit einem ganz dicken Bauch, forderte Kurt auf, mit ihm einen Wodka zu trinken. Kurt lehnte dankend ab. Das georgische Volk ist unglaublich gastfreundlich und gut gelaunt. Am Abend waren wir wieder zurück in Batumi, resp. einige Dörfer weiter, wo wir zelten wollten... Ein Autofahrer führte uns jedoch zu einem schönen Hotel, wo wir gratis übernachten durften. Seit langem genossen wir wieder einmal eine warme Dusche. Die Bauarbeiter logierten auch da und wir wurden von ihnen eingeladen. Kurt wurde ein Bier serviert und Nathalie bekam eine "georgische Cola" (Birnensaft 100% natural), nachdem sie mit dem falschen Bier angestossen hatte, welches gar nicht für sie gedacht war. Die Männer meinten es aber sehr gut mit ihr. Kurt musste die "feinen" Würste essen und Nathalie wurde mit Gelati und Süssigkeiten verwöhnt. Armer Kurt!

Plötzlich hörten wir den Hotelbesitzer rufen und Kurt musste zu unseren Fahrrädern. Jemand wollte unsere Zweiräder klauen, der Hotelbesitzer konnte die Strolche jedoch verjagen.
In Kutaisi wurden wir am Strassenrand von einigen Leuten angehalten. Sie interssierten sich sehr für unsere Reise, nahmen unser Gespräch auf Tonband auf und fotografierten uns. Sie teilten uns mit, dass sie von der Zeitung seien und einen Bericht über unsere Tour publizieren wollen. Wir hatten keine Chance, uns zu verabschieden und wir mussten mit ihnen ins Haus, wo der Tisch bereits gedeckt war und die Mama gerade Rotwein abfüllte. Wie das hier in Georgien so üblich ist, sprach der „Toastmaster“ David immer wieder einen neuen „Toast“ aus: auf den georgischen Präsidenten, auf den Gastgeber, auf uns, auf Freunde...und jedesmal wird natürlich kräftig darauf angestossen! Natje, eine der Redaktorinnen, setzte sich spontan ans Klavier, spielte und sang dazu.

Die andere Redaktions-Angestellte fing an zu tanzen und auch wir schwangen unsere Tanzbeine zu diesem Polka kräftig mit! Am späten Nachmittag verabschiedeten wir uns von ihnen, natürlich erst, nachdem wir noch für einige Foto! s posiert hatten.
Als uns ein entgegenkommendes Polizeiauto hupte und wir dem Ordenshüter winkten, änderte er seine Fahrtrichtung, indem er die Handbremse zog. Er begleitete uns ein Weilchen und überholte uns dann gemächlich.

Gegen Abend erreichten wir Kutaisi, die zweitgrösste Stadt Georgiens und eine der ältsten der Welt. Auf der Weiterfahrt nach Tiflis wollten uns viele Einheimische bei den Rastplätzen zu "einem" Glas Wein oder zu einem Wodka und zum Essen einladen. Manche waren jedoch schon so betrunken, dass wir einfach winkten und vorbei radelten.
Dank dem böenartigen Rückenwind pedalten wir locker nach Tiflis, der Hauptstadt Georgiens.
Am anderen Tag begaben wir uns zum Konsulat von Azerbaijan, wo wir das Visa beantragten. Die ganze Bürokratie dauert vier Arbeitstage. Also nutzen wir die Zeit, um die sehr schön gelegene und historisch interessante Stadt zu besichtigen, unsere Fahrräder auf Vordermann zu bringen und das Nachtleben zu geniessen ;-)

Ganz motiviert und voller Tatendrang verliessen wir die georgische Hauptstadt. Die nette Besitzerin des Gästehauses "Charm" spielte uns am Morgen zum Abschied noch etwas auf dem Klavier. Man hörte sofort, dass sie ein Profi ist und wir bekamen Gänsehaut, so schön spielte sie.

Zurück im Sattel waren wir wieder die Exoten, die Leute staunten und die Fahrzeuge hupten. Die Landschaft nordöstlich von Tiflis erwies sich als besonders grün. Die Föhrenalleen entlang den Strassen dufteten extrem gut und und waren auch gute Schattenspender. Wir zelteten an einem wunderschönen Platz. Um uns herum weideten Kühe, Schweine und Pferde. Morgens brachte uns die Nachbarin Spiegeleier, Käse und frisches Brot zum Frühstück, nachdem wir bereits unser Müesli gegessen hatten. Da es eine Beleidigung gewesen wäre, wenn wir dies nicht angenommen hätten, assen wir fleissig zum zweiten Mal. Bereits um 9 Uhr war es sommerlich warm und den Frühling scheinen wir bereits hinter uns gelassen zu haben. Unterwegs schenkten uns Leute ganz spontan frisches Brot direkt vom Holzofen. Wir bekamen so viel Brot, dass wir gar nicht alles selber essen konnten. Bevor wir Georgien verliessen, genossen wir noch einmal ein richtig fettiges Khachapuri.
FOTOGALERIE
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