Kambodscha

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Korruption gehört am kambodschanischen Zoll zur Tagesordnung. Bei uns beharrte der Zollbeamte darauf, dass wir für die Visaformulare USD 2 bezahlen...diese Regierungsangestellten lügen ohne mit den Wimpern zu zucken!
Flach und geradeaus erwies sich die Fahrt durch den Osten des Landes. Die Leute sind spürbar ärmer als in Laos. Das Land scheint sich jedoch langsam zu erholen von den brutalen Jahren der Revolution des Roten Khmer und die Leute strahlen Zufriedenheit aus. Riesige Landstriche sind eingezäunt und dürfen wegen den vielen unexplodierten Landminen nicht betreten werden...da wartet noch viel Arbeit. In Kratje, eine kleine Stadt am Mekong, gönnten wir uns einen Erholungstag. Gegen Mittag begaben wir uns auf den Markt und konnten uns in aller Ruhe die lokalen Produkte ansehen: fast alle Verkäufer lagen in den Hängematten und dösten. Von Kratje aus führt eine Naturstrasse dem Mekong entlang runter nach Chhlong, eine ehemalige Kolonialstadt. Als wir uns gerade mit einer "Ovaltine" erfrischten, näherte sich uns eine Menschenmenge. Allen voran zog ein Mann ein Wagen mit einem Kassettenrekorder und Lautsprechern, aus denen laut kambodschanische Musik drönte. Danach folgten ein Wagen mit einem bunten Sarg, welcher geschmückt war mit Blumen, Familie und Freunde des/der Verstorbenen. Sie begaben sich zur Bestattungs-Zeremonie in die Tempel-Anlage. In Neak Luong gelangten wir in die Hauptverbindungsstrasse von Phnom Penh und Ho Chi Minh, welche ziemlich frequentiert ist.

Nachdem wir ganz im Südwesten Vietnams den kleinen Grenzübergang nach Kambodscha passiert hatten, pedalten wir einer Naturstrasse entlang nach Kompong Trach. Obwohl wir, unsere Fahrräder und die Ketten nach dieser Fahrt vom Staub rotbraun gefärbt waren, genossen wir die Fahrt durch die "Pampa" und der einfache Lebensstil der Bauern und die
Kultivierung der Felder beeindruckten uns. In der am Golf von Thailand gelegenen Stadt Sihanoukville befinden sich die bekannten Strände von Kambodscha. Eigentlich hatten wir geplant, uns da eine Woche "Urlaub" zu gönnen, nachdem wir bei Nathalies Fahrrad die neuen Schaltkabel montiert und unsere Gepäcktaschen von Ameisen befreit hatten.
Jedoch entsprach der Ort nicht unseren Vorstellungen. Einfache, hübsche Bungalows mit Hängmatten am Strand gibt es keine, der weisse Sandstrand ist schmal und viele Bettler versuchen ihr Glück. Abgesehen davon stimmt das Preis-/Leistungsverhältnis bezüglich Hotelzimmer und Restaurants überhaupt nicht. Alles wird in der amerikanischen Währung
abgerechnet und man muss aufpassen, da sehr viel Falschgeld im Umlauf ist. Während Kurt die etwas abgelegenen Strände erkundigte, "tauchte" Nathalie bei einer nahegelegenen Insel unter.

Das Meer war an diesem Tag ausserordentlich wild und sie musste ihr Frühstück auf dem Boot den Fischen füttern. Das Riff und die Vielfalt der Meerestiere waren faszinierend, obwohl die Sicht hätte besser sein können. In dieser Küstenstadt wurde uns besonders bewusst, wie nahe Arm und Reich, Hoffnung und Verzweiflung zusammen sind. Viele moderne Geschäfte wurden in den letzten Jahren von westlichen Personen eröffnet und neue Jeep-Modelle mit stolzen, vermutlich total korrupten VIP-Beamten, brausen durch die Gegend. Andererseits gibt es so viele arme Leute die Verletzungen, Behinderungen oder amputierte Beine oder Arme vom Krieg haben. Kühe, die durch die Strassen chlendern sind auch keine Seltenheit. Auf der sehr frequentierten Hauptstrasse Nr. 4 radelten wir nach Phnom Penh. Auf der Hauptpost holten wir zugleich einen Brief ab. Sehr gelangweilt stellte uns das Personal eine grosse Kiste mit hunderten
von postlagernden Briefen auf die Theke. Nachdem wir endlich unsere Post gefunden hatten, beharrte eine Angestellte darauf, dass wir für das "Service" bezahlen müssen. Natürlich erhielt sie von uns kein Korruptionsgeld. Sie versuchen es einfach überall, einem über den Tisch zu ziehen. Sei es auf dem lokalen Markt, wo der zuvor vereinbarte Preis für einen Fruchtsaft plötzlich das Doppelte kostet oder der Cyclo-Fahrer (Fahrradtaxi), der den Preis willkürlich pro Person anstatt wie vereinbart für die Fahrt berechnen will, im Restaurant, wo die Rechnung komischerweise immer zu ihren Gunsten falsch war...ja, manchmal nervte uns das schon.

Bei den Sehenswürdigkeiten stehen oft total überfüllte Käfige mit kleinen Vögeln. Diese werden missbraucht, um bei den Touristen Mitleid zu erregen und können "frei" gekauft werden. Natürlich bewirkt dieser Kauf schlussendlich das egenteil und fördert diese Misshandlung. In Kambodscha gibt es einige Hilfswerke und Organisationen, die benachteiligten Personen wie Strassenkindern und alleinstehenden Frauen, körperlich und/oder geistig Behinderten helfen, eine Tätigkeit auszuüben. Wir besuchten den Verkaufsladen "Rajana", wo sich in den oberen Geschossen die Produktionsstätten befinden. Unter anderem wird leere Munition eingeschmolzen und daraus ganz hübscher Schmuck
handgefertigt. Ebenfalls bestaunten wir die Holzschnitzereien und die flinken Näherinnen, welche die gewobenen Stoffe zu Taschen, Tüchern und Kleidern verarbeiteten. Pol Pot, der Revolutionsführer des Kmer Rouge, liess 1975 eine Hochschule zum Sicherheitsgefängnis S-21 umbauen und somit zum grössten Folterplatz des Landes. Der Besuch dieses Areals, das Genocide Tuol Sleng Museum, zeigt die kleinen Nischen, wo die Gefangenen wie Tiere gehalten und gefoltert wurden. Viele schwarz-weiss Fotos und verrostete Betten erinnern an die tragische Zeit, welche den Brutalitäten des Hitlers-Regimes keineswegs nachstehen. Fast alle Gefangenen wurden zur Exekution zu den Massgräbern nach Choen Ek, welches sich 14 km südwestlich der Hauptstadt befindet, gebracht und auf brutale Weise ermordet. Wir besuchten da die "killing fields", wo die Opfer in Massengräbern beerdigt wurden.

Es ist einfach unfassbar, was das Khmer Rouge hier angerichtet hat. Unterwegs von Phnom Penh nach Siem Reap traffen wir einen älteren, studierten Mann, der während der Revolution 1975 - 1979 gegen das Khmer Rouge-Regime gekämpft hat und später nach Frankreich geflüchtet ist. Er erzählte uns einige Geschichten, erwähnte das "Khmer Rouge"
immer nur im Flüsterton. Irgendwo gibt es wohl immer noch Sympathisanten... Siem Reap ist der Ausgangspunkt, um die vielen Angkor Tempel zu erkunden. Zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert waren die kambodschanischen "Devarajas" (Gott-Könige) bestrebt, ein Imperium aufzubauen, welches an Grösse, Form und Kunst alle bisherigen Bauwerke übertrumpfte. Hunderte von Tempeln sind die heiligen Überbleibsel eines blühenden Khmer-Imperiums, welches sich von Burma bis nach Vietnam erstreckte. Angkor ist Herz und Seele, der Stolz des Königreichs Kambodscha....und in der Tat, es ist einfach atemberaubend, beeindruckend und man könnte tagelang in den zum Teil sehr renovierungsbedürftigen Anlagen rumschlendern.

Per Fahrrad besuchten wir die vielen Sehenswürdigkeiten und bestaunten immer wieder die Baukunst und die vielen interessanten Reliefs, welche Geschichten "erzählten" über die damalige Zeit. Viele Bauwerke und Reliefs wurden von der Vegetation und vom Wasser zerstört. Die Restaurationsarbeiten werden von vielen Ländern, u.a. von Frankreich, Japan und Deutschland, mitfinanziert. Nach diesen sehr eindrücklichen Tagen der Angkor Besichtigungen radelten wir weiter Richtung Poipet zur thailändischen Grenze. Diese Nationalstrasse ist in einem schlechten Zustand, holprig und sandig, und wir waren froh um unsere Gesichtsmasken. Vom Schweiss, der Sonnencrème und dem Staub paniert wie Wiener Schnitzel (mmjumy!) erreichten wir die Grenze.

FOTOGALERIE
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